Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 03. bis 06. April 2017)

Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Brexit: Bedingungen für die Zustimmung zum Austrittsabkommen
  • Autoabgase: Überarbeitung der Vorschriften zur Kfz-Zulassung
  • Endgültige Abschaffung der Roaming-Gebühren
  • Mehrjähriger Finanzrahmen 2014-2020
  • Kein Palmöl in Biodiesel ab 2020

Brexit: Bedingungen für die Zustimmung zum Austrittsabkommen

Am 29. März 2017 beantragte das Vereinigte Königreich offiziell den Austritt aus der EU. Da dem Austrittsabkommen auch das Parlament zustimmen muss, verabschiedete die Mehrheit der Abgeordneten eine gemeinsame Position für die anstehenden Verhandlungen. Darin wird betont, dass die Interessen der EU-BürgerInnen im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen müssten. Ein Abkommen über die zukünftigen Beziehungen mit der EU könne erst nach dem Austritt geschlossen werden. Das Parlament warnte in diesem Zusammenhang davor, Zugeständnisse im Bereich der Sicherheit mit Zugeständnissen bei den künftigen Wirtschaftsbeziehungen zu verknüpfen. London müsse sich darüber im Klaren sein, dass es nach dem EU-Austritt nicht von ähnlichen wirtschaftlichen Vorteilen profitieren könne wie die EU-Mitgliedstaaten.

Autoabgase: Überarbeitung der Vorschriften zur Kfz-Zulassung

Das Plenum nahm einen Gesetzesentwurf an, der strengere Kontrollen bei der Kfz-Typenzulassung vorsieht. Die EU-Mitgliedstaaten sollen dazu verpflichtet werden, jährlich mindestens 20% der Fahrzeuge zu testen, die im vergangenen Jahr verkauft wurden. Die Strafen für Autohersteller, die gegen die Vorschriften verstoßen, werden ebenfalls deutlich angehoben. Sie müssen mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro pro Fahrzeug rechnen. Hintergrund ist der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zum VW-Abgasskandal, bei dem die Abgaswerte von Dieselautos manipuliert wurden. Die neuen Regeln sollen Betrugsfälle künftig verhindern.

Endgültige Abschaffung der Roaming-Gebühren

Das Parlament nahm einen Kompromiss zu Roaming-Großhandelspreisen an. Damit wurde das letzte Hindernis auf dem Weg zur Abschaffung der Roaming-Gebühren beseitigt, die 2015 von Rat und Parlament beschlossen worden war. Ab 15. Juni 2017 können VerbraucherInnen im EU-Ausland zu den gleichen Kosten wie zuhause anrufen, SMS verschicken und Datenvolumen zum Surfen im Internet nutzen.

Mehrjähriger Finanzrahmen 2014-2020

Die  Mehrheit der Abgeordneten stimmte dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2014 bis 2020 zu. Es handelt sich dabei um einen Kompromiss mit dem Rat, der nicht alle Erwartungen des Parlaments erfüllt. Das Budget wird flexibler sein, um rasch auf akute Herausforderungen, wie etwa die Flüchtlingskrise und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, reagieren zu können. Mit zusätzlichen sechs Mrd. Euro sollen u.a. auch das Wirtschaftswachstum angekurbelt und Arbeitsplätze geschaffen werden.

Kein Palmöl in Biodiesel ab 2020

Bei einem Großteil der weltweiten Palmölproduktion werden grundlegende Menschenrechte verletzt und wertvolle Regenwälder zerstört. Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich darum für eine einheitliche Zertifizierungsregelung für Palmölimporte in die EU aus. So soll garantiert werden, dass nur noch nachhaltig produziertes Palmöl auf den EU-Markt gelangt. Außerdem soll die Kommission Maßnahmen für einen schrittweisen Ausstieg aus nicht nachhaltig erzeugten Biokraftstoffen setzen. Ziel ist, dass in der EU verkaufte Biokraftstoffe ab 2020 keine Pflanzenöle mehr enthalten, deren Produktion zur Abholzung der Regenwälder beiträgt.

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche

Die Abgeordneten zeigten sich besorgt über die zunehmende Ausbreitung von Hasstiraden und „Fake News“ in den sozialen Medien. Man müsse stärker dagegen vorgehen, beispielsweise durch umgehendes Löschen von falschen und diffamierenden Behauptungen, das Bestrafen von Firmen, die nichts dagegen unternehmen, und ein vermehrtes Angebot von Schulungen.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier plädierte dafür, dass in Zeiten von zunehmendem Nationalismus sowie vor dem Hintergrund des Brexit sich die pro-europäischen Kräfte noch stärker zu einem gemeinsamen Europa bekennen sollten. Gleichzeitig müsste aber auch Raum gelassen werden für diejenigen Mitglieder, die weitere Integrationsschritte noch nicht mitmachen könnten. Steinmeier warnte vor einem Rückfall in nationale Alleingänge. Die europäischen Staaten seien nur gemeinsam in der Lage, ihre Stimme in der Welt hörbar zu machen und ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen.

Die nächste Plenarsitzung findet von 15. bis 18. Mai 2017 in Straßburg statt.