Mehr Pragmatismus, weniger Dogmatismus – Der schwierige, aber nötige Weg zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion

Handlungsempfehlungen

  1. Die Mitgliedstaaten müssen den Mut aufbringen, pragmatisch an die Debatte um die WWU heranzugehen, um letztlich nötige Reformen in ihrem eigenen Interesse umsetzen zu können.
  2. Der Vorschlag zur Schaffung eines Euro-Finanzministeriums mit einem eigenen Budget ist begrüßenswert, aber kann weiters mit konkreten Optionen für nachhaltigkeitsorientierte steuerbasierte Finanzierungsquellen ergänzt werden.
  3. Die Überlegungen der Europäischen Kommission zur Reform der WWU sind auch mit den Empfehlungen zur sozialen Dimension zu verbinden.

Zusammenfassung

Das Ende Mai 2017 erschienene Reflexionspapier der Europäischen Kommission zur Vertiefung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion erkennt klar die Notwendigkeit weiterer Reformen und einer Vertiefung der Integration an, um die WWU zu stärken und krisenfester zu machen. Der Bericht bietet sowohl kurzfristige, bis 2019 umzusetzende Empfehlungen, die auf eine Verbesserung der bestehenden Elemente der WWU abzielen, als auch fundamentale langfristige Überlegungen zur Eurozonen-Architektur. Am umstrittensten ist wohl der Vorschlag einer künftigen makroökonomischen Stabilisierungsfunktion für die Eurozone. Eine Verlagerung stabilisierungspolitischer Aufgaben auf die Ebene der Eurozone würde eine Eurozonen-weite wirtschaftspolitische Perspektive – ähnlich der geldpolitischen Rolle der EZB – stärken und nationalstaatliche Interessen und Aspekte in den Hintergrund drängen. Der vorsichtige Vorschlag der Europäischen Kommission eines „Finanzministeriums“ für die Eurozone erscheint durchaus diskussionswürdig. Ein/e Eurozonen-FinanzministerIn müsste allerdings deutlich mehr demokratische Rechenschaftspflicht haben. Die Überlegungen der Europäischen Kommission wären zu ergänzen um konkrete Optionen zur Einführung nachhaltigkeitsorientierter steuerbasierter Finanzierungsquellen für ein Eurozonen-Budget. Auch sind sie zu verzahnen mit der sich derzeit herausbildenden europäischen Säule sozialer Rechte.

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Mehr Pragmatismus, weniger Dogmatismus
Der schwierige, aber nötige Weg zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion

Das Ende Mai 2017 erschienene Reflexionspapier der Europäischen Kommission zur Vertiefung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) (European Commission 2017) erkennt klar die Notwendigkeit weiterer Reformen und einer Vertiefung der Integration an, um die WWU zu stärken und krisenfester zu machen. Es wurde in den letzten Jahren oft darauf hingewiesen, dass eine unvollständige Union mit einer gemeinsamen Geldpolitik, aber ohne gemeinsame Fiskalpolitik, in der große Heterogenität zwischen den Ländern besteht, langfristig in Schwierigkeiten geraten kann, besonders in Zeiten, in denen sich die Unterschiede und Ungleichgewichte zwischen den Regionen verstärken. Schon der vor zwei Jahren veröffentlichte so genannte Fünf-Präsidenten-Bericht (European Commission 2015) ging davon aus, dass die Vollendung der WWU eine vertiefte Integration in vielen Wirtschaftsbereichen benötigen werde, obwohl die weitere fiskalische Integration in Europa viele Gegner hat.

Die nun vorgelegten Vorschläge gehen weiter als erwartet, was wohl auch mit der Wahl von Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten zu tun hat.

Die nun vorgelegten Vorschläge gehen weiter als erwartet, was wohl auch mit der Wahl von Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten zu tun hat. Diese hat den Spielraum für Empfehlungen, die sich auf eine engere Integration konzentrieren, erweitert: Denn Macron wird als starker Vertreter von Reformen hin zu einer stärkeren Kooperation auf EU-Ebene gesehen und somit als Gegengewicht zur eher zurückhaltenden Haltung der deutschen PolitikerInnen gegenüber weiteren Integrationsschritten.

Motivation und Hintergrund

Ausgangspunkt des Papiers ist die Tatsache, dass der Euro für alle Euro-Länder zwar große Vorteile bringt, dass aber zu deren Ausbau und zur Sicherstellung des Funktionierens der Wirtschaftsunion umfassende Reformen initiiert werden müssen. Im vergangenen Jahrzehnt sei eine Konvergenz der EU-Länder nicht im erhofften Ausmaß eingetreten. Darüber hinaus gefährdeten die niedrigen Investitionsquoten in den Rezessionsjahren und die damit einhergehenden geringen Produktivitätssteigerungsraten mit einer weiteren Polarisierung die wirtschaftliche Erholung auf EU-Ebene. Weiters betont das Papier die Dringlichkeit, die Probleme im Finanz- und Bankensektor zu beseitigen, aber auch den Nexus zwischen Banken und öffentlichen Finanzen, den so genannten „Diabolic Loop“, aufzulösen.

Vorschläge

Vor diesem Hintergrund bietet der Bericht sowohl kurzfristige, bis 2019 umzusetzende Empfehlungen, die auf eine Verbesserung der bestehenden Elemente der WWU abzielen, als auch fundamentale langfristige Überlegungen zur Eurozonen-Architektur. Letztere erfordern eine intensive und sicher alles andere als einfache politische Diskussion über die finale Zielsetzung der WWU.
Einige der kurzfristig ausgerichteten Empfehlungen, wie z.B. eine gemeinsame Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds und ein europäisches Einlagenversicherungssystem (EDIS)[1], wurden bereits breit diskutiert und sind weniger kontroversiell, da sie von vielen Seiten als notwendig angesehen werden. Sie sollten so bald wie möglich umgesetzt werden können. Die Letztsicherung soll sicherstellen, dass – anders als in der jüngsten Krise – bei großen Bankenproblemen die Abwicklungskosten wirklich von den Finanzmarktakteuren getragen werden und nicht von den SteuerzahlerInnen. Auch sind weitere Schritte zur Beseitigung des Nexus zwischen Banken und öffentlichen Haushalten erforderlich, da sich die Rückkoppelung zwischen den Refinanzierungskosten der Banken und den betroffenen Volkswirtschaften als stark erwiesen hat und somit Probleme im Bankensektor die gesamte Wirtschaft destabilisieren können. Der weitere Ausbau der Banken- und Kapitalmarktunion, die Notwendigkeit einer Strategie gegen notleidende Kredite und mehr demokratische Transparenz in EU-Angelegenheiten sind weitere Vorschläge, die relativ unumstritten und daher bald umsetzbar sind.

In der Debatte über diese ESBies geht es nicht nur um den Trade-Off zwischen den Zielen Risikoeindämmung versus Risikoteilung, sondern implizit auch um die Frage nach der Balance zwischen Solidarität versus Eigenverantwortung, die durchaus unterschiedlich gesehen wird.

Das Thema europäische sichere Anleihen (ESBies) sorgt hingegen für wesentlich mehr Diskussionen. Die Einführung einer mit US-Staatsanleihen vergleichbaren sicheren Anleihe für das gesamte Euro-Währungsgebiet wird oft als vorteilhaft für die Eurozone gesehen – es wird eine Diversifizierung der Vermögenswerte von Banken (und somit eine Verringerung der Präferenz für heimische Staatsanleihen) erwartet, ebenso eine Reduktion der Marktvolatilität bei Ländern, die vom Markt als überverschuldet eingestuft werden. In der Debatte über diese ESBies geht es nicht nur um den Trade-Off zwischen den Zielen Risikoeindämmung versus Risikoteilung, sondern implizit auch um die Frage nach der Balance zwischen Solidarität versus Eigenverantwortung, die durchaus unterschiedlich gesehen wird. So wird einerseits befürchtet, dass die gemeinsamen Schuldeninstrumente die Marktdisziplin schwächen und den Druck zur Durchführung von Strukturreformen reduzieren würden. Wichtiger ist aber die Frage, ob andererseits in den letzten Jahren der Druck der Finanzmärkte die Reformbereitschaft der gestressten Länder tatsächlich entscheidend erhöht oder eher nur zusätzliche, ineffiziente Spekulation auf Staatsanleihen hervorgebracht hat. Einige konkrete Konzepte, wie ESBies ausgestaltet sein könnten, auch ohne gesamtschuldnerische Haftung, wären bereits vorhanden (vgl. z.B. Brunnermeier et al. 2016): Allerdings fehlt noch der politische Kompromiss für eine entsprechende Einigung.

Die Tatsache, dass es keinen Mechanismus gibt, um die Gesamtnachfrage und somit die Wirtschaft zu beleben, wenn – wie in den letzten drei Jahren – die Geldpolitik an ihre Grenzen stößt, ist makroökonomisch suboptimal.

Die schwierigste Debatte ist mit der gleichzeitig wichtigsten und strittigsten Frage verbunden: nämlich jener nach einer künftigen makroökonomischen Stabilisierungsfunktion für die Eurozone und ihrer politischen Realisierbarkeit. Schon der Bericht der fünf Präsidenten aus dem Jahr 2015 erwog die Einführung eines gemeinsamen Fiskalpolitikmechanismus. Allerdings sind unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten denkbar; und die Meinungen, wie weit eine solche Funktion gehen sollte, divergieren. Eines jedoch ist offensichtlich: Die Tatsache, dass es keinen Mechanismus gibt, um die Gesamtnachfrage und somit die Wirtschaft zu beleben, wenn – wie in den letzten drei Jahren – die Geldpolitik an ihre Grenzen stößt, ist makroökonomisch suboptimal. Zudem wurde jüngst von einer Reihe von Experten (vgl. z.B. Obstfeld 2013; Tabellini 2015) mehrfach betont, dass eine gemeinsame Fiskalpolitik in der Eurozone unumgänglich sei, um Integration und Finanzstabilität abzusichern. Gemäß dem Reflexionspapier würde diese Stabilisierungsfunktion in außergewöhnlichen Krisenumständen die nationalen Stabilisatoren ergänzen und gemeinsame haushaltspolitische Maßnahmen auf EU-Ebene erleichtern.
Wie könnte eine Umsetzung konkret aussehen? Die Gegner solcher Reformempfehlungen betonen, dass eine gemeinsame Fiskalpolitik zu Fehlanreizen (moral hazard) führe und somit der Disziplin schade, die für Strukturreformen und die Befolgung gemeinsamer Regeln erforderlich ist. Auf der anderen Seite betrachtet eine wachsende Mehrheit der nicht-deutschen ÖkonomInnen das geltende Regelwerk, besonders jenes durch den Fiskalpakt festgeschriebene, als suboptimal in einer Rezession (Wren-Lewis 2013, Wren-Lewis 2017, Sims 2016, Bénassy-Quéré 2015, Beck 2017, Eichengreen/Wyplosz 2017, de Grauwe 2013). Es verstärke pro-zyklisches Verhalten und verlange somit genau mitten in einer Rezession Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung, die die Rezession eher verschärften, als zu ihrer Überwindung beizutragen. Da die öffentlichen Investitionen oft besonders von Konsolidierungsmaßnahmen betroffen sind, schlägt die EU-Kommission eine Investitionsschutzregelung vor, die öffentliche Investitionen während eines Konjunkturabschwungs stabilisieren solle. Weiters könnte nach den Vorstellungen der EU-Kommission eine europäische Arbeitslosenversicherung als eine Art Eurozonen-weiter automatischer Stabilisator dienen.
Diese Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Sie werden aber – auch nach Meinung der EU-Kommission selbst – nicht ausreichen, um nach einem künftigen Schock das Wachstum wieder in Gang zu bringen. Hierfür wäre eine gemeinsame Fiskalpolitikinstitution mit einer Eurozonen-weiten Perspektive in Bezug auf Gesamtnachfrage und Konjunktur erforderlich. In den letzten Jahren wurde häufig festgestellt, dass eine aktive expansive Fiskalpolitik in den Kernländern Europas, die über Budgetspielräume verfügen, einen signifikanten positiven Effekt nicht nur für das jeweilige Land, sondern auch für die europäischen Peripherieländer hätte (vgl. z.B. Blanchard/Erceg/Linde 2015) und somit vorteilhaft aus Gesamt-Eurozonen-Sicht wäre. Allerdings haben die nationalen politischen EntscheidungsträgerInnen wenig Anreize für eine solche expansive Fiskalpolitik – insbesondere dann, wenn sich – wie in Deutschland – die Wirtschaft ohnehin gut entwickelt. Eine Verlagerung solcher Überlegungen auf die Ebene der Eurozone würde eine Eurozonen-weite wirtschaftspolitische Perspektive – ähnlich der geldpolitischen Rolle der EZB – stärken und nationalstaatliche Interessen und Aspekte in den Hintergrund drängen.

Der vorsichtige Vorschlag eines „Finanzministeriums“ für die Eurozone erscheint zunächst durchaus diskussionswürdig.

Die weiteren Überlegungen des Reflexionspapiers in Richtung einer tieferen Integration im Bereich Fiskalpolitik fokussieren insbesondere auf zwei Fragen: Erstens, wie kann ein gemeinsames Eurozonen-Budget finanziert werden? Und wie sollen zweitens diese erweiterten Kompetenzen institutionalisiert werden? Der vorsichtige Vorschlag eines „Finanzministeriums“ für die Eurozone erscheint zunächst durchaus diskussionswürdig. Eine solche Institution könnte die allgemeinen Interessen der Eurozone identifizieren und vertreten. Dafür wird die Schaffung einer Stelle für einen ständigen hauptamtlichen Vorsitz vorgeschlagen, also für eine/n Quasi-Eurozonen-FinanzministerIn, deren Kompetenzen eine Schnittstelle der Kompetenzen des heutigen Eurogruppen-Chefs und des für die WWU zuständigen Kommissionsmitglieds wären. Ein Vorteil wäre, dass dann verschiedene Funktionen und Kompetenzen im Finanz- und Krisenbewältigungsbereich an das Eurozonen-Finanzministerium verlagert werden könnten, die jetzt in komplexen Konstruktionen verteilt sind. Ein/e Eurozonen-FinanzministerIn müsste jedenfalls deutlich mehr demokratische Rechenschaftspflicht haben – diese kann momentan für die Eurogruppe als unzureichend betrachtet werden. Im Unterschied zur Geldpolitik, wo es seit einigen Jahrzehnten einen akademischen Konsens hinsichtlich der Bedeutung einer unabhängigen Zentralbank gibt und wo apolitische, technokratische ExpertInnenentscheidungen zu treffen sind, sind Fiskalfragen oftmals politische Entscheidungen und sollten deshalb auch demokratisch bestimmt werden.
Unter die Kompetenzen des neuen Eurozonen-Finanzministeriums könnte dann nicht nur die haushaltspolitische Überwachung fallen, sondern auch die mögliche Begebung der angesprochenen ESBies und – am wichtigsten – die Erfüllung der makroökonomischen Stabilisierungsfunktion. Somit würde die neue Institution die Fiskalpolitik auf der Ebene der Eurozone übernehmen. Fraglich bleibt aber, wie viel ein Eurozonen-Finanzministerium zur Krisenbewältigung beitragen kann, wenn es nicht über ein viel höheres Budget (im Vergleich etwa zum jetzigen EU-Budget, das sich auf ein Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung beläuft) verfügt – eine Frage, die auch bezüglich der Finanzierung des europäischen Stabilitätsmechanismus oft gestellt wird. Das Papier spricht allerdings die Frage nach Finanzierungsinstrumenten nur sehr knapp an: So könnten die Eurozonen-Länder einen bestimmten Anteil am Bruttonationaleinkommen oder der Einnahmen aus Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuern oder Körperschaftsteuer an die EU überweisen. Dabei bleibt der wichtigste, auch im Monti-Bericht zur Zukunft des EU-Eigenmittelsystems (HLGOR 2016) angesprochene Aspekt der Einführung steuerbasierter Finanzierungsquellen jedoch unerwähnt: Dass nämlich die Einigung auf die zumindest Eurozonen-weite Implementierung von Steuerquellen, die auf nationaler Ebene aufgrund eines intensiven Steuerwettbewerbs und grenzüberschreitender Externalitäten nicht oder nur unzureichend eingehoben werden können – wie etwa eine Finanztransaktionssteuer, eine Flugticketabgabe oder eine CO2-Steuer –, den Beitrag der Besteuerung zur Erreichung der EU-2020-Strategie einer ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung stärken könnte (Schratzenstaller et al. 2017).

Die ebenfalls nur sehr kurze Erwähnung der sich momentan entwickelnden europäischen Säule sozialer Rechte ist ein weiterer Mangel des Papiers.

Die ebenfalls nur sehr kurze Erwähnung der sich momentan entwickelnden europäischen Säule sozialer Rechte ist ein weiterer Mangel des Papiers. Im letzten Jahr hat auf globaler Ebene, aber auch in der EU ein gewisses Umdenken eingesetzt, dass die Globalisierung nicht nur GewinnerInnen, sondern auch VerliererInnen hervorbringt. Möglichkeiten für eine Kompensation der VerliererInnen gewinnen daher an Bedeutung. Die europäische Säule sozialer Rechte und die damit verbundenen Mindeststandards wären ein wichtiger Fortschritt, um Europa wieder populär zu machen – eines der Wahlversprechen Emmanuel Macrons. Zudem könnten die diskutierten Mindeststandards die bisher begrenzte Konvergenz vorantreiben. Diese Standards würden aber erst dann funktionieren, wenn sie in ein gemeinsames Konzept für die Zukunft der Wirtschaftsunion eingebettet sind. Ansonsten stieße der beabsichtigte Versuch einer stärkeren Koordination der Steuerpolitik auf große Widerstände, da  mittel- und osteuropäischen Länder nach wie vor die Möglichkeit von Steuersenkungen überwiegend als eines der wenigen Instrumente zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit betrachten: Ohne Gegenleistung werden sie auf den vor allem im Bereich der Unternehmensbesteuerung praktizierten Unterbietungswettbewerb nicht verzichten. Auch die seit längerem für Diskussionen sorgenden Handelsbilanzungleichgewichte werden – obwohl sie Gegenstand der Länderberichte im Rahmen des Europäischen Semesters sind – im Bericht nicht angesprochen: Dabei sehen viele ÖkonomInnen die großen Handelsbilanzüberschüsse Deutschlands als ein Problem für den Rest der EU, das eines der wichtigsten Konvergenzhindernisse darstellt.

Schlussbemerkungen

Das Papier zeigt den klaren Willen der Kommission, fundamentale Reformen durchzusetzen, die die Widerstandsfähigkeit der Eurozone und damit letztlich auch der EU erhöhen, auch wenn wichtige Bereiche, vor allem die soziale Dimension, in dem Papier völlig ausgespart werden. Es wird auch offensichtlich, wie schwierig sogar nur die im Bericht vorgegebenen Ziele umzusetzen wären. Zumindest gibt das Papier aber einen optimistischen Ausblick, indem es abschließend folgender Hoffnung Ausdruck gibt: „Es ist an der Zeit, Pragmatismus über Dogmatismus zu stellen und Brücken zu schlagen, statt einander zu misstrauen.”

[1] Eine einheitliche europäische Einlagensicherung brächte einen stärkeren Versicherungsschutz für private Einleger in der Bankenunion.

  • Beck, Th. (2017), Looking Back at a Lost Decade; Avoiding a Second One, in: Giavazzi, F., Bénassy-Quéré, A. (Hrsg.), Europe’s Political Spring: Fixing the Eurozone and Beyond, CEPR e-book.
  • Bénassy-Quéré, A. (2015), Maastricht Flaws and Remedies, in: Baldwin, R., Giavazzi, F. (Hrsg.), The Eurozone Crisis: A Consensus View of the Causes and a Few Possible Solutions, CEPR e-book.
  • Brunnermeier, M.K., Langfield, S., Pagano, M., Reis, R., Nieuwerburgh, S.V., Vayanos, D. (2016), ESBies: Safety in the Tranches, ESRB Working Paper Series 21.
  • De Grauwe, P. 2013. Design Failures in the Eurozone: Can they be Fixed?,” LEQS – LSE ‘Europe in Question’ Discussion Paper Series 57.
  • Eichengreen, B., Wyplosz, Ch. (2017), Europe’s Fiscal Conundrum, in: Giavazzi, F., Bénassy-Quéré, A. (Hrsg.), Europe’s Political Spring: Fixing the Eurozone and Beyond, CEPR e-book.
  • European Commission (2017), Reflection Paper on the Deepening of the European Economic and Monetary Union, Brüssel.
  • European Commission (2015), Completing Europe’s Economic and Monetary Union, Brüssel.
  • High Level Group on Own Resources (2016), Future Financing of the EU. Brüssel.
    Obstfeld, M. (2013), Finance at Center Stage: Some Lessons of the Euro Crisis, European Commission Economic Papers 493.
  • Blanchard, O., Erceg, Ch.J., Lindé, J. (2015), Jump Starting the Euro Area Recovery: Would a Rise in Core Fiscal Spending Help the Periphery?, NBER Working Papers 21426.
  • Schratzenstaller, M., Krenek, A., Nerudová, D., Dobranschi, M. EU Taxes for the EU Budget in Light of Sustainability Orientation – A Survey, Journal of Economics and Statistics, 2017, forthcoming.
  • Sims, Ch. (2016), Fiscal Policy, Monetary Policy and Central Bank Independence, mimeo.
  • Tabellini, G. (2015), The Main Lessons to be Drawn from the European Financial Crisis, in: Baldwin, R., Giavazzi, F. (Hrsg.), The Eurozone Crisis: A Consensus View of the Causes and a Few Possible Solutions, CEPR e-book.
  • Wren-Lewis, S. (2013), Macroeconomic Stabilisation in the Eurozone: Lessons from Failure. Global Policy, 4, S. 66–73.
  • Wren-Lewis, S. (2017), The Academic Consensus on Austerity Solidifies, but Policymakers Go Their Own Sweet Way, Blogbeitrag: Mainly Macro; 22. February 2017; https://mainlymacro.blogspot.co.at/2017/02/the-academic-consensus-on-austerity.html

ISSN 2305-2635
Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die die Autoren arbeiten, überein.
Schlagworte
Wirtschafts- und Währungsunion, Fiskalpolitik, Eurozonen-Finanzminister, Eurozonen-Budget
Zitation
Pekanov, A., Schratzenstaller, M. (2017). Mehr Pragmatismus, weniger Dogmatismus – Der schwierige, aber nötige Weg zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion. Wien. ÖGfE Policy Brief, 15’2017
Hinweis
Zu diesem Policy Brief ist auch ein Gastkommentar in der Tageszeitung “Die Presse” erschienen.

Atanas Pekanov, MSc

Atanas Pekanov, MSc, ist seit 2017 Referent im Bereich Makroökonomie und Europäische Wirtschaftspolitik am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Lektor und Doktorand an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU); 2019-2020 Fulbright Fellow am Harvard Economics Department. Zuvor war er bei der Europäischen Zentralbank beschäftigt und hat an der WU Wien und University College London studiert.

Margit Schratzenstaller

Margit Schratzenstaller ist Referentin für Öffentliche Finanzen am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung und Vize-Koordinatorin des, vom WIFO koordinierten, Forschungsprojekts WWWforEurope, das im Rahmen des 7. Rahmenprogramms von der Europäischen Kommission finanziert wird und von 33 Partnern aus 12 EU-Ländern bearbeitet wird (www.foreurope.eu).