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Mehr Mut und Mittel für internationales Engagement (Gastkommentar Paul Schmidt, Wiener Zeitung)

Gerade jetzt sollte Österreich dem Trend zur nationalen Selbstverzwergung widerstehen.

Durch die Iran-Verhandlungen, die Syrien-Gespräche und den West-Balkan-Gipfel stehen Wien und Österreich seit längerem wieder im Mittelpunkt der internationalen Politik und weltweiten Aufmerksamkeit. Das ist ein positives Signal.

Die neu gewonnene Beachtung sollte Auftrag und Ansporn sein, die Rolle des Gastgebers aktiv zu nützen.

Als kleines, offenes und neutrales Land könnte Österreich diesen komparativen Vorteil weiter ausspielen und selbst noch stärker europa- und außenpolitische Akzente setzen.

Dazu braucht es politischen Willen, klare Prioritäten, aber eben auch adäquate finanzielle Mittel. Einsparungen in der Außen- und Europa-Politik sind in dieser Hinsicht kontraproduktiv. Österreich nimmt sich damit selbst vieles an Gestaltungsspielraum und Einflussmöglichkeiten.

Ein Beispiel: Während beispielsweise in Deutschland das Auswärtige Amt im Jahr 2016 über 1,5 Prozent des Gesamthaushalts verfügen wird, stehen dem österreichischen Außenministerium knapp 0,6 Prozent des Budgets zur Verfügung. Tendenz fallend.

Ein weiteres Beispiel: Allein die parteinahen Stiftungen in Deutschland haben ein Jahresbudget von mehr als 500 Millionen Euro, um – neben dem Kerngebiet der politischen Bildungsarbeit im Bundesgebiet – mit weltweit mehr als 350 Auslandsvertretungen zu wirken.

In Österreich beläuft sich die Förderung der Parteiakademien auf lediglich 10,5 Millionen Euro. Ein Auslandsnetz fehlt.

Dabei wäre es angesichts der geopolitischen Entwicklungen gerade jetzt umso wichtiger, Demokratie und Toleranz weltweit zu fördern und zivilgesellschaftliche Strukturen kontinuierlich zu stärken. Eine Positionierung, die sich mittelfristig auch für Österreich lohnen könnte. Ebenso wie eine Aufstockung der Mittel für Auslandskultur oder Entwicklungszusammenarbeit sich für Österreich in vielfacher Weise rentieren würde.

Während immer mehr Staaten sich auf vermeintlich sichere nationale Lösungsansätze zurückziehen, sollten wir nicht den gleichen Fehler begehen. Österreich kann es sich leisten, selbstbewusst international aufzutreten, mit dem Ziel, weniger Getriebener, dafür mehr Gestalter aktueller Geschehnisse zu werden. Die aktive Rolle Österreichs in einer “Koalition der Willigen” zur Bewältigung der Flüchtlingskrise ist ein Schritt in diese Richtung. In diesem Rahmen könnten wir verstärkt darauf hinwirken, dass bereits jetzt konkrete Wiederaufbaupläne für ein Syrien nach dem Bürgerkrieg entwickelt werden, um nicht zuletzt Flüchtlingen, die nach Europa strömen, eine Perspektive zu eröffnen, wieder in ihr Heimatland zurückzukehren.

Es ist also höchste Zeit, konstruktive europäische Denkansätze und Positionen mit noch mehr Nachdruck zu vertreten. Die Entwicklung innovativer Ideen und Strategien – auch unter Hinzuziehung von Experten – könnte dabei helfen. Mit weniger Innensicht und mehr Außensicht, weniger Rotstift und mehr Engagement würden wir uns dem Trend zur nationalen Selbstverzwergung nachhaltig widersetzen und die europäische Integration voranbringen.

Nicht überall in Österreich muss gespart werden – es darf auch investiert werden.