Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 18. bis 21 Mai 2015)

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 18. bis 21. Mai 2015 in Straßburg stattgefunden.

Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten aller österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die untersuchten namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Eindämmung des Handels mit Konfliktmaterialien
  • Sichere Gesundheitsversorgung in Europa
  • Entwicklungsfinanzierung
  • Mutterschaftsurlaub
  • Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Eindämmung des Handels mit Konfliktmineralien
Die Einfuhr von Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten trägt dazu bei, Kriege zu finanzieren. Darum forderte die Mehrheit der Abgeordneten eine verbindliche Zertifizierung für alle EU-Importeure von Mineralien und Metallen aus diesen Regionen. Das Parlament ging damit über den Gesetzesvorschlag der Kommission hinaus und änderte ihn grundlegend ab. Dieser hatte nur ein freiwilliges Selbstzertifizierungssystem vorgesehen. Die Abgeordneten waren im Hinblick auf die verbindlichen Regeln für die gesamte Lieferkette allerdings geteilter Meinung, was sich auch im Abstimmungsverhalten der österreichischen MdEPs widerspiegelte.

Sichere Gesundheitsversorgung in Europa
Das Plenum nahm eine Entschließung an, die Maßnahmen zur Verbesserung der PatientInnensicherheit in Europa enthält. Vor allem therapieassoziierte Infektionen und zunehmende Resistenzen auf humane und veterinäre Antibiotika müssten in den Griff bekommen werden. Auch in Zeiten der Wirtschaftskrise müsse dafür gesorgt werden, dass es nicht zu Einsparungen im Gesundheitsbereich komme.

Entwicklungsfinanzierung
Die Abgeordneten forderten die Mitgliedstaaten dazu auf, die EU-Zielvorgabe von 0,7% des BIP für öffentliche Entwicklungshilfe einzuhalten. Darüber hinaus wiesen sie darauf hin, dass die Mobilisierung heimischer Ressourcen in Entwicklungsländern selbst sowie Beiträge aus dem Privatsektor die Entwicklungshilfe wesentlich unterstützen könnten. Die EU müsse auch bei der nächsten UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung im Juli 2015 ihre Führungsrolle und Stellung als wichtiger Geber von Entwicklungshilfe aufrechterhalten.

Mutterschaftsurlaub
Bereits 2010 sprach sich das Parlament für einen von 14 auf 20 Wochen verlängerten Mutterschaftsurlaub bei voller Bezahlung und die Einführung eines zweiwöchigen, voll bezahlten Vaterschaftsurlaubs aus. Seitdem blieb der Rat eine Antwort schuldig und blockierte den Richtlinienvorschlag. Die Kommission will nun ihren Entwurf zurückziehen. Die Mehrheit der Abgeordneten forderte darum die Mitgliedstaaten dazu auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen und einen offiziellen Standpunkt festzulegen.

Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Das Plenum nahm mit eher knapper Mehrheit (361 Ja/236 Nein/54 Enthaltungen) seine jährliche Resolution zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU an. Die Abgeordneten fordern eine starke gemeinsame Strategie, um den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen an den EU-Grenzen besser begegnen zu können. Vorhandene Instrumente müssten besser genutzt, die Bereiche innere und äußere Sicherheit besser koordiniert sowie ihre Mittel stärker gebündelt werden. Zwei thematisch verwandte Resolutionen zur Finanzierung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zu Sicherheits- und Verteidigungskapazitäten in Europa wurden ebenfalls mit relativ knapper Mehrheit der Abgeordneten verabschiedet.

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche:

  • In einer Debatte mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán äußerten sich die meisten Abgeordneten kritisch zu dessen Überlegungen, die Todesstrafe wieder einzuführen sowie zur Befragung zum Thema „Einwanderung und Terrorismus“. Die Einführung der Todesstrafe sei mit den europäischen Grundwerten nicht zu vereinbaren und das Referendum würde Vorurteile gegenüber MigrantInnen schüren. Orbán berief sich hingegen auf die Redefreiheit und das Recht der UngarInnen, Probleme offen anzusprechen.
  • Die Migrationsstrategie der Kommission stand ebenfalls auf der Tagesordnung des Plenums. Thema waren die Vorschläge der Kommission zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU, zu einer Politik der legalen Migration bei gleichzeitiger Bekämpfung der irregulären Migration und zur Aufstockung der Mittel für den Grenzschutz.

Die nächste Plenarsitzung findet von 08. bis 11. Juni 2015 in Straßburg statt.