Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 13. bis 16. März 2017)

Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Verschärfung des EU-Waffenrechts
  • Abfallrecht: Mehr Recycling, weniger Deponierung und Lebensmittelverschwendung
  • Konfliktmineralien: Verbindliche Sorgfaltspflicht
  • Deutsche Pkw-Maut: Benachteiligung ausländischer AutofahrerInnen
  • Größere Fortschritte bei der Gleichstellung von Frauen in der EU nötig

Verschärfung des EU-Waffenrechts

Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte einer Überarbeitung der EU-Schusswaffenrichtlinie von 1991 zu. Das neue Gesetz legt u.a. strengere Kontrollen von unscharfen Waffen, beispielsweise Schreckschusspistolen, fest. Diese können nicht nur relativ einfach so umgebaut werden, dass sie mit scharfer Munition schießen – man kann sie in einigen EU-Ländern auch ohne Waffenschein erwerben. Die Vorschriften für die Kennzeichnung von Schusswaffen werden verschärft und vereinheitlicht. Die Rückverfolgbarkeit von Waffen wird verbessert und der Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedsländern erleichtert.

Abfallrecht: mehr Recycling, weniger Deponierung und Lebensmittelverschwendung

Aktuell werden in der EU lediglich 44% des Hausmülls recycelt und jährlich geschätzte 89 Mio. Tonnen an Nahrungsmitteln verschwendet. Um den Übergang zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen, nahm das Plenum ein aus vier Berichten bestehendes Abfallpaket an. Es legt fest, dass bis 2030 70% allen Hausmülls und 80% des Verpackungsmaterials recycelt werden müssen. Die Ablagerung von Abfällen auf Mülldeponien soll auf 5% verringert und die Lebensmittelverschwendung halbiert werden. Die vier vom Plenum angenommenen Berichte stellen die Position des Parlaments dar, das nun mit dem Rat der EU die Verhandlungen aufnehmen wird.

Konfliktmineralien: Verbindliche Sorgfaltspflicht

Das Plenum verabschiedete einen Verordnungsentwurf zu sogenannten „Konfliktmineralien“. Das neue Gesetz verpflichtet EU-Importeure von Mineralien, wie etwa Zinn, Wolfram, Tantal und Gold, zur sorgfältigen Prüfung ihrer LieferantInnen. So soll die die Finanzierung von bewaffneten Konflikten und Kriegen durch Mineralienhandel eingedämmt werden. Große EU-Unternehmen müssen darüber hinaus ihre Beschaffungspraxis offenlegen.

Deutsche Pkw-Maut: Benachteiligung ausländischer AutofahrerInnen

Die Mehrheit der Abgeordneten kritisierte in einer Entschließung die geplante deutsche Pkw-Maut. Trotz nachträglicher Änderungen verstoße sie gegen das EU-Recht, da Personen, die ihr Fahrzeug in Deutschland angemeldet haben, die Maut von der Kfz-Steuer abziehen könnten, ausländische FahrzeuglenkerInnen hingegen nicht. Nach Meinung der Abgeordneten stellt das eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die in der EU verboten ist. Es brauche generell gemeinsame Vorschriften für Mautsysteme, um einen fairen, diskriminierungsfreien Rahmen für die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren in der EU zu schaffen.

Größere Fortschritte bei der Gleichstellung von Frauen in der EU nötig

Obwohl die Forderung nach gleichem Lohn für Frauen und Männer bereits in den Römischen Verträgen von 1958 verankert wurde, befindet sich Europa gerade einmal auf halbem Wege zum selbstgesteckten Ziel. Die Lohnschere zwischen Frauen und Männern liegt in der EU nach wie vor bei durchschnittlich 16,1%. Die Pensionen von Frauen waren im Jahr 2014 sogar um 40,2% niedriger als die Pensionen von Männern. In ihrer jährlichen Bewertung der Geschlechtergleichstellung in der EU fordert die Mehrheit der Abgeordneten die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre Anstrengungen zu erhöhen. Es bestehe u.a. noch großer Handlungsbedarf bei der Verringerung des gender pay gap, der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie dem Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit.

 

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche

Das Parlament stimmte einer Verschärfung der Lebensmittelkontrollen in der gesamten Lebensmittelversorgungskette zu. Die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln wird verbessert und Betrug wird bekämpft. (Berichterstatterin: Karin Kadenbach)

Die Abgeordneten legten ihre Prioritäten zur „Erklärung von Rom“ über die Zukunft der EU dar. Debattiert wurde u.a. über den Vorschlag eines Europas der zwei Geschwindigkeiten. In diesem Zusammenhang wurde einerseits davor gewarnt, neue Grenzen zwischen Ost- und West- bzw. Nord- und Südeuropa aufzuziehen. Dass sich einzelne Länder aber unterschiedlich stark an Integrationsschritten beteiligen könnten, wurde grundsätzlich nicht abgelehnt. Die EU müsse so gestaltet werden, dass sie besser auf die Bedürfnisse der europäischen BürgerInnen eingehen könne.  Es gebe zwar Änderungsbedarf, man dürfe die EU aber keinesfalls schwächen.

Das Parlament wird Sanktionen gegen den polnischen Abgeordneten Janusz Korwin-Mikke verhängen. Im Rahmen einer Plenardebatte über den gender pay gap Anfang März äußerte sich dieser abfällig und sexistisch über Frauen. Er vertrat die Meinung, dass Frauen weniger verdienen sollten, da sie weniger intelligent seien als Männer. Korwin-Mikke verliert nun die Diäten für dreißig Tage, er darf  zehn Tage lang nicht an Parlamentssitzungen teilnehmen und das Parlament ein Jahr lang nicht repräsentieren.

Die nächste Plenarsitzung findet von 03. bis 06. April 2017 in Straßburg statt.