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Lob für verbindende Rolle der EU, Tadel für Asyl- und Migrationspolitik

Die ÖsterreicherInnen sind mehrheitlich der Ansicht, dass unser Land von den EU-Institutionen fair behandelt wird und auch weiß, seine Interessen durchzusetzen. Der Union wird eine verbindende Rolle zugeschrieben, Kritik gibt es jedoch an ihrer Asyl- und Migrationspolitik. Österreich wird als durchaus solidarisch innerhalb der EU wahrgenommen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle ÖGfE-Umfrage.
53 Prozent der Befragten sagen dabei, dass Österreich von den EU-Institutionen in einer fairen Weise behandelt wird. 39 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Der Aussage, dass die Union von der nationalen Politik oft als Sündenbock verwendet wird, um von eigenen Versäumnissen abzulenken, stimmen fast sechs von zehn Befragten zu. 36 Prozent sind nicht dieser Ansicht.
Diese Zahlen stehen der vielfach von Polarisierung geprägten Europa-Diskussion hierzulande entgegen. Eine konstruktive und ehrliche Debatte wird dadurch erschwert, berechtigte Kritik an der Union geht allzu oft im Erregungstaumel unter.
Österreich selbst spielt, nach Meinung eines überwiegenden Teils der Befragten, jedenfalls eine positive Rolle, wenn es um die Solidarität mit anderen Mitgliedsländern geht. 86 Prozent sehen sie als sehr oder eher positiv. Und auch weitere Aspekte der heimischen „EU-Performance“ erhalten in der – Mitte November/Anfang Dezember 2017 durchgeführten – Umfrage gute Zensuren: So sind sechs von zehn Befragten der Auffassung, dass die österreichische Europapolitik einen positiven Effekt auf den Wirtschaftsstandort (60 Prozent) bzw. den wirtschaftlichen Wohlstand des Landes (63 Prozent) hat. 55 Prozent sagen, dass sie sich positiv auf das politische Gewicht unseres Landes auswirkt. Rund einer von drei Befragten sieht die genannten Aspekte skeptisch.
Die Einschätzung der Befragten macht deutlich, dass die ÖsterreicherInnen sehr wohl überzeugt sind, dass unser Land in der Lage ist, seine Interessen in der Union zu vertreten. Dass die EU über Österreich ‚drüberfährt‘, wie es oft vermittelt wird, ist jedenfalls nicht der Eindruck einer Mehrheit der Bevölkerung.
Eine Mehrheit der ÖsterreicherInnen (62 Prozent) nimmt die Europäische Union als positiv wahr, wenn es um die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten geht. Eine/r von drei Befragten sieht dies nicht so. Ähnlich das Meinungsbild, wenn es um die Rolle der EU zum Schutz von Demokratie und Grundrechten geht (63 Prozent „positiv“ | 27 Prozent „negativ“) bzw. um die „Sicherheit unseres Landes“ (59 Prozent zu 36 Prozent). Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich dagegen in der Beurteilung der Bereiche Asyl- und Migrationspolitik: Hier erhält die Union mehrheitlich negative Zensuren (61 Prozent „negative Rolle“ | 29 Prozent „positive Rolle“).
Wenn es um Bewahrung von Grundrechten und das europäische Miteinander geht, so genießt die EU also ein hohes Maß an Vertrauen unter den ÖsterreicherInnen. Dieses fehlt jedoch im Bereich Asyl- und Migration: Zu unterschiedlich erweisen sich nach wie vor die Standpunkte der Mitgliedsländer. Konkreter Fortschritt in diesem Bereich würde Vertrauen schaffen und könnte sowohl sicherheitspolitische wie humanitäre Grundsätze vereinen. Österreich sollte sich hierbei an vorderster Stelle einbringen.
Paul Schmidt
Hintergrund:
Die Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 16. November bis 5. Dezember 2017 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 268). Befragt wurden österreichweit 512 Personen per Telefon (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 18 Jahre/Gewichtung nach Geschlecht, Alter und Bildung). Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,3 Prozent. * Rest auf 100 Prozent = „weiß nicht/Keine Angabe“.
Die Umfrage wurde als Teil des Projekts Anti EU-rhetoric versus own national interests? National populism and its reception in Central Europe” im Rahmen des Europa für Bürgerinnen und Bürger Programms der Europäischen Union durchgeführt.