Schani Garten mit Tischen und vielen Pflanzen im Hintergrund. Keine Menschen abgebildet.

Will „die EU“ Rauchen im Schanigarten wirklich verbieten?

Die Europäische Kommission macht dem Fachministerrat (EU-Rat) regelmäßig Vorschläge für Empfehlungen, die dieser verabschieden kann. Diese Empfehlungen richten sich wiederum an die EU-Mitgliedstaaten, um bestimmte Politiken weiterzuentwickeln bzw. zu verbessern. Der EU-Rat setzt sich aus Minister:innen ihres Mitgliedsstaates entsprechend deren Ressortzuständigkeit zusammen.

Vor diesem Hintergrund schlug die EU-Kommission Mitte September dem Rat der Europäischen Union vor, die Empfehlungen von 2009 über rauch- und aerosolfreie Umwelt zu aktualisieren.

Zuletzt erhitzten aber Schlagzeilen über ein angeblich geplantes Rauchverbot in Schanigärten die Gemüter. Während EU-kritische Headlines aktuell besonders schnell viral gehen, fehlt leider eine korrekte Wiedergabe der Vorschläge der EU-Kommission.

Vorschlag für Fachminister:innen

Der Vorschlag der EU-Kommission wird im zuständigen Fachministerrat diskutiert und dann über eine Empfehlung an die Mitgliedsstaaten entschieden. Empfehlungen sind jedoch keine gesetzlichen Vorgaben und „EU-Verpflichtungen“, sondern dienen den Mitgliedsstaaten, gemeinsam definierte Ziele besser zu erreichen. Ob ein Mitgliedsstaat nun auf nationaler Ebene tatsächlich Maßnahmen trifft oder nicht, bleibt weiterhin die Entscheidung der jeweiligen Regierungen.

Die EU-Länder beraten nun, wie sie den Schutz vor Passivrauch ausbauen könnten (oder nicht). Empfehlungen unterstützen Mitgliedstaaten dabei, bewährte Verfahren auszutauschen und gemeinsam Fortschritte zu erzielen, insbesondere wenn Ressourcen begrenzt sind.

Krebsbekämpfung

Hintergrund zu diesem neuen Vorschlag ist der „Europäische Plan zur Krebsbekämpfung“ mit einem der Ziele eine „tabakfreie Generation“ zu schaffen. Bis 2040 sollen weniger als 5 % der Bevölkerung Tabak konsumieren (aktuell 25%).  Die Überarbeitung des Vorschlags ist ein Beitrag, um dieses Ziel zu erreichen und um einen besseren Schutz vor Passivrauch zu gewährleisten. Denn die Verwendung neuer Produkte (z.B. Vapes) war bisher nicht in den Empfehlungen enthalten. Außerdem sind Außenbereiche nicht abgedeckt, weshalb dort der Schutz vor Passivrauch nicht gewährleistet werden kann.

Schanigarten: Im Freien gibt es keinen Passivrauch?

Dass Raucher:innen weitere Einschränkungen ihrer Rauch-Freiheit misstrauisch sehen, leuchtet ein. Fakt ist aber: dass Passivrauch auch im Freien karzinogen (krebserregend) ist und somit gesundheitsschädlich für Passivrauchende. 27% aller Krebserkrankungen stehen in Zusammenhang mit Tabak-Produkten.

Studien zeigen, dass auch im Freien, abhängig von der Belüftung und den Umweltbedingungen, Passivrauch gesundheitsschädigend sein kann, insbesondere in beengten Bereichen wie z.B. Terrassen oder Schanigärten.

Während die Freiheit Rauchender eingeschränkt wird, empfiehlt die Europäische Strategie für Tabakkontrolle, dass das Recht auf rauch-freie Umgebung für Personen, die nicht mit Tabak in Berührung kommen möchten, vorrangig sei. Darauf haben sich Mitgliedsstaaten und die WHO schon 2002 geeinigt. Aktuelle neu vorgeschlagene Empfehlungen sind daher Adaptionen, an bereits vorhandene Empfehlungen.

Neue Tabak-Produkte

Die neuen Empfehlungen berücksichtigen auch Produkte wie z. B. erhitzte Tabakerzeugnisse, nikotinhaltige oder nikotinfreie elektronische Zigaretten und Tabaksurrogate sowie andere Rauch und/oder Aerosole ausstoßende Produkte. Diese waren in den Empfehlungen von 2009 nicht enthalten.

Eine Überarbeitung der Empfehlung zu diesen beiden Aspekten [Außenbereiche und neue Produkte]  ist daher erforderlich, um das Ziel eines besseren Schutzes der Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, in der Union besser vor der Belastung durch Passivrauchen und Aerosole zu schützen.

Seit 2009 hat der Konsum von elektronischen Zigaretten und erhitzten Tabakerzeugnissen stark zugenommen. Besorgniserregend ist besonders, dass diese Produkte vor allem für Kinder und Jugendliche sehr verlockend wirken (54% beginnen vor dem 19. Lebensjahr zu rauchen, 14% vor dem 15.Lj).

Die Forschung hat aber gezeigt, dass auch Passivrauch von elektronischen Zigaretten gesundheitsschädlich ist und es ein vermehrtes Risiko für kardiovaskuläre (Herz-Kreislauf-System) Anomalien und respiratorische (die Atmung betreffende) Symptome gibt.

Was heißt das nun für den Schanigarten?

Gesundheitspolitisch und als langfristiges Ziel schlagen Wissenschafter:innen und Expert:innen vor, Passivrauch so gut wie möglich zu reduzieren. Es ist daher die Aufgabe der EU-Kommission diese Erkenntnisse weiter zu empfehlen. Was die EU-Staaten daraus machen, bleibt ihnen überlassen. Gesundheitspolitik ist zudem nationalstaatliche Kompetenz.

Ob einzelne Länder Maßnahmen ergreifen, bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, was dem Grundsatz der Subsidiarität in der EU entspricht.

Elisabeth Weissitsch